Verstörende Theater-Inszenierung von Faust?

Rezension zum Theaterbesuch des Deutschgrundkurses Q1 von Herrn Dr. Oerder von Véronique Braun

Donnerstag, 16.02.17

Unter vielen Deutschkursen, die ihren Weg in die Kammerspiele Bad Godesberg in Bonn gefunden haben, war auch meiner vertreten.

Faust I von J.W. v. Goethe unter der Regie von Alice Buddeberg war eine eigenwillige Interpretation.

Insgesamt fünf Schauspieler standen an diesem Abend auf der Bühne und neun Kinder, was genau die dort machten ist mir persönlich nicht ganz klar geworden.

Das Stück wurde auf einer modernen Ebene aufgeführt und war dennoch oft an Goethes Verse angelehnt. Faust war ein drogenabhängiger Mann namens Heinrich. Es wurde nicht ganz klar, ob er dennoch ein Professor ist, studiert hatte er. Wagner und den Schüler gab es nicht, dafür drei statt einen Teufel. Das hat mir recht gut gefallen. Mephistopheles in drei Personen, zwei Männer, eine Frau, verführen im wahrsten Sinne des Wortes Faust zu dem Pakt.

Die Teufelin wird kurzzeitig zur Hexe und verjüngt den alten Faust in einen jungen Faust. Die Idee, die Verjüngung mit einem Umstyling darzustellen, fand ich an sich gut, nur stellte sich mir die Frage: Wäre es wirklich nötig gewesen sich komplett dafür auszuziehen?

Gretchen singt in diesem Stück, was wirklich schön klang. Sie sang allerdings auf Englisch, was mich ein wenig störte, da Faust im Original ein deutsches Werk ist. Gretchen und Faust verlieben sich und knutschen eine ganze Weile auf der Bühne herum, während die Teufel dabei zuschauen und ihren Spaß haben. Nachdem Faust und Gretchen ihre nackten Körper mit Farbe bemalt haben, erklärt die Teufelin Gretchen, dass sie schwanger sei.

Das Kind ist da und Gretchen will es umbringen. Es ist eine lange Szene, in der nichts gesagt wird und einfach nur Gretchens Liebe zum Kind dargestellt wird, die Verzweiflung und dennoch den Entschluss das Kind zu töten.

Das Kind ist tot. Faust und die Teufel standen ebenfalls auf der Bühne und haben tatenlos zugesehen. Es macht für mich keinen Sinn, dass Faust so gar nicht reagiert. Es ist schließlich auch sein Kind, welches Gretchen umbringt. Wenigstens musste Gretchens Mutter nicht wegen der Liebe der Beiden sterben. Sie taucht schlichtweg einfach gar nicht erst auf.

Alles in allem fand ich die schauspielerische Leistung der fünf Darsteller sehr gut. Insbesondere in der Szene, wo Gretchen gar nicht spricht und ihr Kind umbringen will, kommen ihre Emotionen sehr gut herüber.

Ich denke, dass man sich voll und ganz auf das Stück einlassen muss. Es ist eben nicht genau Wort für Wort das, was Goethe niedergeschrieben hat. Theater bedeutet Interpretation. Das Stück war eben etwas moderner gehalten und müsste nach Filmregelung mindestens FSK 16 haben.

Im ersten Moment war ich auch ein wenig schockiert. An mancher Stelle dachte ich mir nur: "Hallo? Hier sitzen noch Menschen", aber nachdem ich ein wenig darüber nachgedacht habe, fand ich es nicht mehr ganz so verstörend, sondern eine gelungene Faust-Interpretation.

Das Stück kann man sich noch am 24. März in den Kammerspielen ansehen.

Véronique Katharina Braun

 

http://www.theater-bonn.de/spielplan/gesamt/event/faust-i/vc/Veranstaltung/va/show/

Dieser Artikel erschien am 18. Februar auf www.kleiner-komet.de: http://www.kleiner-komet.de/verstoerende-theater-inszenierung-von-faust/

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