ERZBISTUM KÖLN

Wegekreuze in Stommeln – Zeugen der Ortsgeschichte

 
Von allen Teilorten der heutigen Stadt Pulheim besitzt Stommeln die größte Anzahl an steinernen Wegekreuzen, deren Existenz sich weit in das 18. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Doch ihre Tradition ist wesentlich älter, diese reicht bis ins 15. Jahrhundert. Fast ein jedes Kreuz hatte einen Vorgänger, bestehend aus Holz.
Die Kreuze finden sich an allen (damals) wichtigen Wegeknotenpunkten und –kreuzungen. Grund dafür war heidnischer Aberglaube. Kreuzungsstellen von Wegen waren demnach Aufenthaltsorte von Geistern, Dämonen und Toten, Wesen der Unterwelt. Um den Ort davor zu schützen, errichtete man kultische Male. Gleichzeitig wurden so auch die Grenzen der Orstgemarkung markiert. Diese heidnisch-magische Vorstellung wurde später durch eine christliche ersetzt und man sprach ein kurzes Stoßgebet, sobald man an einer solchen Stätte vorbeikam, um Gottes Schutz zu erbeten.
Im späten Mittelalter erhielten einige Kreuze eine neue Funktion. Am Fronleichnamstag wurde in einer Prozession die Eucharistie auf die Straße hinausgetragen, um an den Kreuzen den eucharisti-schen Segen zu erteilen. Dieser Vorgang hatte eine lange Tradition und die neu errichteten Stein-kreuze erhielten für die Aufstellung des Allerheiligsten eine Expositionsnische, an der man bis heute ihre ehemalige Funktion bei der Fronleichnamsprozession ablesen kann.
Das Fronhofkreuz ist das älteste aller Kreuze und auch künstlerisch besonders wertvoll. Es wurde von der damaligen Grundherrin Stommelns, die auch Äbtissin des St. Cäcilienstiftes in Köln war, Maria Sophia von Franckenberg im Jahre 1725 errichtet. Das Monument ist aus Trachyt, angefertigt wurde es im Siebengebirge in Königswinter. Die Basis und der untere Teil des Sockels sind heute im Erdreich versunken, dadurch wirkt das Kreuz nicht mehr proportional. Dennoch, der eindrucks-volle Kruzifixus stellt eine gute Bildhauerarbeit dar, sowie auch die muschelförmig gestaltete Expositionsnische und die weit vorkragende Expositionsplatte. Die Muschel gilt seit dem Mittel-alter als christliches Symbol und ist auch zu Zeiten des Barocks sehr beliebt. Das Symbol der Muschel ist immer wieder an Expositionsnischen bei Steinkreuzen zu finden.
 
Sowie auch bei dem Kreuz an der Hauptstraße / Ecke Kölner Weg. Doch dieses Kreuz birgt noch eine Besonderheit, sein Aufbau ist nicht ganz stimmig, was vermuten lässt, dass es sich hierbei um eine Zusammensetzung aus drei verschiedenartigen Teilen handeln muss. Der Mittelteil mit der Expositionsnische ist im Verhältnis zum Sockel viel zu schmal. Auch der Stein wurde in den jeweiligen Bereichen unterscheidlich bearbeitet. Das gusseiserne Kreuz oberhalb der Expositions-nische trägt die Jahreszahl 1846 und beweist somit, dass es eine spätere Zugabe war. Die Stifter dieses Kreuzes, die Eheleute Henck, waren wohl eine wohlhabende Familie, dies lässt sich aus der Sockelinschrift entnehmen, denn sie finanzierten das Werk von ihrem eigenen Vermögen.                                                                                                    Innerhalb der dörflichen Gesellschaft wird ein Kreuz mit solcher Inschrift zum Symbol der sozialen Hierarchie.
 
Das Trappenkreuz an der Hauptstraße hat seinen Namen von der Stifterin, Margaretha Schumacher, die aus dem Haus zur Trapp stammte. Der Vorläufer dieses Kreuzes, ein einfaches Holzkreuz aus Eichenbalken, hatte einige Zeit zuvor ihr Vater errichtet. Während des ersten Weltkrieges war das Kreuz ein Ort des Betens. Mütter und ihre Kinder versammelten sich abends dort, um für den Frieden zu beten.
 
Ein anderes geschichtsträchtiges Kreuz ist das hölzerne Passionskreuz in der Orstsmitte aus dem Jahre 1785. Es soll an den verheerenden Brand in Stommeln von 1783 erinnern, dem ein großer Teil des Ortes zum Opfer fiel. Das Kreuz unterscheidet sich abgesehen vom Material auch in seiner Darstellung. Es trägt nicht den Korpus des Gekreuzigten, sondern sehr viele kleine Sinnbilder, die sich mit der Kreuzigung Jesu beschäftigen, wie z.B. das Gewand Christi, um dessen Besitz die Henker würfelten. Das Kreuz hängt seit 1883 an der Außenwand der Gaststätte Schauff. Es ist aus den gleichen Eichenbalken geschnitzt worden, mit denen die Dorfbewohner damals ihre abgebrann-ten Häuser wieder aufbauten. Es legt Zeugnis ab von der damaligen Vernichtung großer Teile des Ortes, aber auch von dessen Wiederaufbau. Inzwischen hat das Kreuz die materiellen und geistigen Verwüstungen zweier Weltkriege miterlebt, aber auch den Neuanfang nach 1945. Man kann in ihm ein Symbol unzerstörbarer Hoffnung sehen.
 
Eine nicht ganz so zentrale Lage hat das Schwalbenkreuz. Es liegt abseits der Verkehrsströme in einem stillen Winkel. 1749 wurde es erbaut, jedoch unterscheidet es sich erheblich von den anderen Kreuzen. Es fehlt u.a. die Expositionsnische, somit war es vermutlich nie ein Ziel der Fronleichnamsprozessionen. Auch die barocke Formgebung des Sockels mit Voluten ist auffällig.
 
Das Hagelkreuz, bestehend aus gelbem Sandstein, ist auch nicht auf Anhieb zu finden. Es wurde in den Formen der Neugotik gestaltet. Der Name stammt von den sogenannten Hagelprozessionen. Die Bauern waren in Sorge um ihre Ernteerträge, die auch von der Gunst der Witterung abhingen. Ein Hagelschauer konnte großes Leid über die Bauern und ihre Familien bringen. Somit wurden Prozessionen abgehalten, unter Mitführung des Allerheiligsten, um so die Hagelschauer abzuwenden.
 
Zwar sind die Wegekreuze für die heutige Bevölkerung nicht mehr so bedeutungsvoll wie sie es einst für deren Vorfahren waren, aber so werden sie gleichwohl gepflegt, gegebenenfalls restauriert und können ihren angestammten Platz trotz baulicher Veränderungen behaupten. Sie geben dem Ort und dessen Bewohnern ein Stück Identität.
 
Autorin: Janina Schubert
Quelle: Josef Wißkirchen, „Stommelns Kirchen und Kapellen“, Verein für Geschichte e.V., Pulheim 2004


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