"USH trifft..."

Dr. h.c. Anita Lasker-Wallfisch besucht die Ursulinenschulen in Hersel

Am heutigen Mittwoch, den 6. Juni dieses Jahres, wurde es im ansonsten so wuseligen und lauten Aegidiussaal mucksmäuschenstill.

In seinen einführenden Worten stellte Schulleiter Dr. Kühling die Referentin des heutigen Tages vor: Frau Anita Lasker-Wallfisch erzählte aus ihrem Leben und den schwersten Jahren ihres Lebens; von Zufällen, die Leben retten können, von ihrer Zeit als Cellistin im Orchester des Konzentrationslagers Auschwitz.

Die 92-Jährige berichtete mit fester Stimme von Ihren Erlebnissen als Kind und Jugendlicher. Schon früh habe sie als damals Achtjährige die ersten Vorzeichen des stärker werdenden Antisemitismus erleben müssen; sie sei als Schülerin beschimpft worden, "die Jüdin" dürfe den Schwamm nicht benutzen.

Im Alter unserer Zuhörerinnen und Zuhörer dann war Anita Lasker-Wallfisch schon nach Auschwitz und später nach Bergen-Belsen verbracht worden.

Pointiert trug sie vor, wie schnell es gehe, dass Menschen anderen Menschen ihre Würde nehmen können. Gleichzeitig ließ sie auch Einblicke in ihr Leben zu, welchen Zufällen sie es verdanke, im Konzentrationslager nicht direkt "von der Rampe weg" selektiert worden zu sein. Sie spiele Cello habe sie der Mitgefangenen, die sie zu Beginn befragt habe, gesagt und das scheint ihr ebenso geholfen zu haben, wie die Tatsache, dass sie als so genannter Karteihäftling nach Auschwitz gekommen sei. Es sei eine Ironie der Geschichte, dass es der verurteilten Straftäterin in Auschwitz besser ergangen sei, als den aus anderen Gründen Inhaftierten.

Immer wieder unterbrach sie ihren Vortrag, indem sie aus ihren eigenen Briefen an ihre Schwester oder aus Briefen oder Reportagen der Schwester zitierte.

Die Anwesenden Schülerinnen und Schüler und auch die Lehrerinnen und Lehrer können trotz oder gerade wegen dieser eindrücklichen Schilderung kaum begreifen, wozu der Mensch, die Deutschen als so genannte Kulturnation in der Lage gewesen sei.

Im Anschluss an ihre Schilderungen, die wohl einen bleibenden Eindruck bei allen Zuhörerinnen und Zuhörern hinterlassen werden, beantwortete Frau Lasker-Wallfisch geduldig konkrete Fragen nach der "Verarbeitung" solcher schrecklicher Erlebnisse genauso ehrlich, wie die Fragen nach gesellschaftlicher Verantwortung aller.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse lässt sich so leicht der Bogen spannen, dass es zu unserer gesellschaftlichen Verantwortung gehöre, sich nicht nur zu erinnern, so Lasker-Wallfisch, sondern die richtigen Konsequenzen hieraus  zu ziehen. Es dürfe keine Relativierung des Holocausts/der Shoa geben.

Warum es Menschen gebe, die die Holocaust leugneten, wird Frau Lasker-Wallfisch, die gestern von Ministerpräsident Laschet den Verdienstorden des Landes Nordhein-Westfalen verliehen bekommen hat, gefragt und antwortet süffisant: "Weil es viel dumme Menschen gibt."

Ein solcher Vormittag ist wertvoll für das Begreifen dessen, was in den 12 Jahren der Nazi-Diktatur passiert ist; er ist wertvoll, weil der Kontakt mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen greifbar macht, dass hinter den Schicksalen so vieler Vertriebener, Deportierter, Gequälter und Toter je einzelne Menschen stehen!

 

Die Ursulinenschule Hersel freut sich sehr, dass Frau Dr. Lasker-Wallfisch die Strapazen der Reise auf sich genommen hat und zu uns und mit uns gesprochen hat!

Außerdem danken wir als Schulgemeinschaft, stellvertretend für so viele vorbereitende Hände, Frau Lehn für die Organisation dieser Veranstaltung! Von solchen Momenten lebt Schule und macht deutlich, dass wir es ernst nehmen müssen, uns immer wieder neu als mündige Bürgerinnen und Bürger sehen sollten, die mit "geschultem" Blick zurück mutig die Zukunft mitgestalten sollen! Außerdem danken für unserer ehemaligen Kollegin, Frau Schilling, die den erneuten Kontakt zum Büro von Frau Lasker-Wallfisch hergestellt hat und so die Referentin zu uns "gelotst" hat.

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