3. Wiedereröffnung – erneuter Aufstieg 1945-1976

Mai/Juni 1945 Die Rückwanderung der Evakuierten setzt ein. Kinder und Jugend-liche finden keine Betreuung – fast alle Schulen liegen in Trümmern
Juli/August 1945 Große Bemühungen der Schwestern um Rückgewinnung der Irmgardis-Schule. Die Stadt will das Gebäude zur Unterbringung ihrer eigenen Schulen behalten. Lösung dieser Schwierigkeiten: ein städtisches Gymnasium  benutzt als Gastschule das Irmgardisgebäude. Unheilvolles Durcheinander innerhalb und außerhalb des Hauses Schillerstraße 100. Da einen neuen Anfang setzen!
August 1945 Mit Mut und Energie ans Werk! Das Dach und 6 Unterrichtsräume werden notdürftig instandgesetzt, um die Eröffnung der Schule zu ermöglichen.      
06. Oktober 1945 Der Oberpräsident der Nord-Rheinprovinz genehmigt laut Antrag vom 29.09.1945 die Schulform „Studienanstalt (neusprachlich) mit Lyzeum“

Montag, 26. November 1945 Wiedereröffnung der Schule mit den Klassen Sexta bis Obersekunda – ein halbjähriger Sonderkurs läuft nebenher: 345 Schülerinnen der Irmgardis-Schule, Leiterin S. Alexandra Maria, 370 Schüler des Gymnasiums Kreuzgasse, Leiter Oberstudiendirektor Dr. Klinkenberg. Sehr große Raumnot, verminderte Unterrichtsstundenzahl für alle Klassen in beiden Schulen. Schicht-weiser Unterricht ermöglicht den Schulbetrieb. 
Januar 1946 Beginn der Aufräumarbeiten des Bombenlochs. Langsames Voranschreiten des Baues. Es fehlt an allem!
27./28. Mai 1946 Abitur der 23 Schülerinnen des halbjährig geführten Sonderkurses.
Juni 1946 Die gesundheitsgeschädigte Jugend erhält Schulspeisung, 5-6 Kessel heißer Suppe kommen täglich in Halbliterportionen zur Verteilung; zuweilen mit Beigaben wie Brötchen, Süßigkeiten, Trockenobst u.ä. Wie hilft das einem hungrigen Magen? Amüsant aber zugleich schmerzlich ist es zu beobachten, wie die jüngeren Schülerinnen die umgekippten Suppenkessel auskratzen. Eine Bemerkung der Leiterin bei einem solchen Anblick: „Verbieten Sie dies den Schülerinnen. In der Markthalle (Suppenlieferant) hat man kein Wasser, um die Kessel zu spülen.“

Im Unterricht fehlt das nötige Arbeits- und Lernmaterial wie Papier und Schreib-utensilien. Die Bücher, besonders die Atlanten, unterliegen einer strengen Zensur der englischen Militärregierung. Selbst die Lektüre „Die Biene Maja“ steht auf dem englischen Index. Könnte vielleicht die straffe Führung im Bienenstaat Anreiz sein, den Nazismus [sic] zu beleben? Miss Clark, eine wohlwollende englische Dame, erscheint oft unerwartet zur Revision im Schulhaus. Heißt es durch den Türspalt: „Miss Clark ist da!“ verschwindet in manchen Klassen im Augenblick alles Unerlaubte unter dem Podium des Lehrerpultes.
Teile der Südbrücke werden gesprengt. Die Klasse reagiert auf jede Erschütterung und Detonation. Bei starker Erschütterung greifen die meisten Hände nach den Schultaschen, einige Schülerinnen stehen bereits vor der Klassentür.
Winter 1946/47 Eis und Kälte machen Not und Armut besonders spürbar. Die Schulen müssen sich an der Rationierung der Fußbekleidung beteiligen. Leider bestehen große Härten, nur Kölner Kinder dürfen berücksichtigt werden. Das gute Herz mancher Schuster hilft auch ohne Schwarzmarkt auswärtigen Schülerinnen.

Aus irischen Häusern der Ordensgenossenschaft, ja selbst aus Amerika gelangen große Pakete mit Kleidungsstücken und warmen Decken ins Schulhaus. Die Bedürftigsten unter den Schülerinnen werden bedacht.

Da es an allem fehlt, fehlt auch das Reinigungsmaterial. Nach einem Appell an die         Mädchen und Jungen finden große und kleine Lappen den Weg zur Schule. Mancher Junge bringt stolz einen Zuckersack, ein anderer dagegen legt ganz verstohlen einen Flanell-Unterrock der Oma auf das Lehrerpult. Bei den gegebenen Verhältnissen arbeiten die Schülerinnen freudig und intensiv. Sie fühlen sich mit ihren Lehrern in dieser Atmosphäre wohlgeborgen.
31. März 1947 Der 2. Sonderkurs kommt nach einem vollen Schuljahr zum Abitur
1948 Kein Abitur in der Irmgardisschule. Im Verlauf der Schujlahre 1947-1949 werden überalterte Schülerinnen (der Mittelstufe) bei Leistungsnachweis lt. Erlass einmal, sogar zweimal in eine höhere Klasse versetzt, sodass 1949 wieder eine Oberprima zum Abschluss kommt.
Ostern 1948 Schülerzuwachs beider Schulbetriebe, die Raumnot wird immer bedrük-kender, langsames Voranschreiten im Wiederaufbau drinnen wie draußen.

Sommer 1948 Gegen 1 Uhr mittags Gewitter im Anzug. Die Kreuzgässer im Schul-gebäude bereit zum Schichtwechsel. Die Mädchen in unruhiger Erwartung vor der Schule. Alles muss durch einen Ein- und Ausgang. Bald Blitz! – Donner! Blitz! – Donner! Blitz! – Donner! Regenfall setzt ein. Steigert sich rasch. Gedränge im Schulhaus! Fahrräder dazwischen. Alles durch einen Ausgang – Laute der Erregung! Steigerung der Erregung!! Immer mehr! Durchdringender Ton: „Ruhe!“ „Ruu-he!!“ Herr Studienrat Major Bollweg im Türrahmen. Nach drinnen und draußen: „Ruu-he!“
Draußen? Gewaltige Wassergüsse! Die Mädchen mit dürftigem Regenschutz, nass bis auf die Haut. Große Erregung! Tränen in Fülle! „Lasst uns herein! Lasst uns herein!“ Doch nur eine Tür! – Endlich erbarmt sich der Himmel – Entspannung! Langsam … unter Drücken und Schubsen, mit Fahrrädern dazwischen – vollzieht sich der Schichtwechsel – durch eine Tür.

04. September 1948 Ehrung unserer Schulpatronin im Dom. Feierlicher Gottesdienst im Hochchor des Domes. Die Kathedrale steht noch im Festschmuck des 700jährigen Jubiläums der Grundsteinlegung des Domes. Die Schulgemeinde defiliert unter Gebet und Gesang in der Agneskapelle am Sarkophag der hl. Irmgardis vorbei. Mit dieser Feier wird der jährliche Gedenktag unserer Patronin im Kölner Dom zur Tradition.
Sommer 1950 Große Instandsetzung des Schulhofes. Endlich ein zweiter Hausein-gang von der Terrasse her.
21. März 1951 25-jähriges Bestehen der Irmgardisschule. Der Gedenktag fällt zu-sammen mit der Abiturfeier. Genau vor 25 Jahren war der 1. Schultag der 1. Sexta.

September 1952 Eintausch des ehemaligen Baugeländes (s. 1925) gegen das Trümmergrundstück Ecke Mörikestraße/Bayenthalgürtel. Sehr günstige Lage für einen  Zusatzbau. Erdrückender Platzmangel. Mehr als 1100 Schüler bzw. Schüle-rinnen und 60-70 Lehrkräfte bewegen sich täglich durch das Schulgebäude. Es droht fast zu platzen aus den bis jetzt so mühsam geschlossenen „Nähten“!
Beginn 1953 Großes Aufatmen! Das Gymnasium Kreuzgasse erhält ein eigenes Schulgebäude
28. Oktober 1953 Die Kreuzgässer nehmen Abschied

Auszug aus einem Bericht des Kölner Stadtanzeigers vom 29.10.1953:
„Ein spezielles Kapitel der Kölner Schulnot fand am Mittwoch, 28. Oktober, seinen Abschluss mit einer Abschlussfeier, die Lehrkräfte, Schüler und Schülerinnen der Oberstufe des Gymnasiums Kreuzgasse und der Irmgardisschule vereinigte. 
Acht Jahre waren die Kreuzgässer Gäste im Mädchengymnasium mit Frauen-oberschule, das von der Ordensgenossenschaft der Töchter vom hl. Kreuz in Köln-Bayenthal geleitet wird. Am 7. November halten die Kreuzgässer Einzug in das neue Schulgebäude, das im Grüngürtel zwischen Aachener- und Vogelsanger Straße gebaut worden ist.
Als Tag des Abschieds und gegenseitigen Dankes verlief der letzte Schultag vor Beginn der Herbstferien. Oberstudiendirektor Dr. Klinkenberg dankte als Wortführer des Gymnasiums Kreuzgasse für achtjährige Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft und Zusammenarbeit. Unvergesslich würden die Bemühungen der Ordensschwestern um die gute Unterbringung der Gymnasiasten in den Annalen des seit 125 Jahren bestehenden Gymnasiums verzeichnet sein. Trotz gewaltiger Schwierigkeiten hätten die Schwestern sich unermüdlich durch besondere Fürsorge für die Kreuzgässer viele Verdienste erworben. 
Die Gemeinschaft von Irmgardisschule und Kreuzgasse sei vor allem 1948 zu Tage getreten, als Lehrer und Lehrerinnen, Schüler und Schülerinnen gemeinsam die Trümmerberge auf dem Schulhof beseitigt hätten.
Das ständige Wachstum beider Schulen habe trotz des fortschreitenden Wiederauf-baus eine zunehmende Besserung herbeigeführt. Durch die Errichtung des eigenen Hauses für die Kreuzgässer beginne nun die Zeit, in der beide Schulen sich frei entfalten könnten. Besonderen Dank für die umsichtige Fürsorge gebühre der Schwester Oberin und der Studiendirektorin Schwester Alexandra Maria.
Für die Irmgardisschule dankte Schwester Alexandra Maria den Kreuzgässern für den guten Geist der Zusammenarbeit und tätiger Hilfsbereitschaft. Es sei mehr als blindes Geschick, das die Kreuzgässer zu den Kreuzschwestern geführt habe. Beide Anstalten verbinde das christlich-humanistische Bildungsideal.
Für die Schüler dankte Oberprimaner Habel den Schwestern unter Überreichung von Chrysanthemensträußen … Mit den Herbstzeugnissen in den Taschen nahmen die Gymnasiasten Abschied von dem gastfreundlichen Haus, in dem der Sextaner-jahrgang 1946 der traditionsreichen Schule bis zur Prima herangewachsen ist.“

Ostern 1954 Einrichtung der Schulküche. Klasse UII F.O.S. beginnt mit dem haus-wirtschaftlichen Unterricht.
Mai 1959 Dank der Bemühungen von Herrn Notar Dr. Franz Lemmens, Vorsitzender der Elternpflegschaft und Mitglied des Kölner Stadtrates, ist es zur Gründung des Vereins der Freunde und Förderer der Irmgardisschule e.V. gekommen. Dem Zweck des Vereins entsprechend ist bis heute sehr vieles geschehen.

August 1959 Der geplante Erweiterungsbau kommt zum Zuge. Erster Spatenstich
30. September 1959 Abgrenzung der Baufläche. Die Bauarbeiten beginnen. Rasches Voranschreiten bis zum Beginn 1960. Starker Winter fordert Verzögerung
Nach den Sommerferien 1960 Vorläufig werden 6 neue Klassenräume bezogen
08. Dezember 1961 Feierliche Einweihung des neuen Schultrakts (C-Bau). Religiöse Feier in der Pfarrkirche St. Matthias. Feierstunde in der neuen Mehrzweckhalle (Gymnastikhalle). Freude und Dank für das gelungene Werk. S. Maria Alexandras Traum, einen Neubau zu erleben, wurde Wirklichkeit.
1963 Von Pfingsten bis in den Spätherbst Instandsetzung der Höfe. Anlage eines Sportplatzes mit Basketballeinrichtung, Beplattung des alten Hofes und Errichtung der Pausenhalle.
12. Juli 1963 Die Schule nimmt Abschied von S. Alexandra Maria. 36 Jahre leitete sie mit Klugheit und Geschick und unter Einsatz all ihrer Kräfte die Irmgardisschule durch wechselvolle Zeiten: ein nicht zu unterschätzendes Lebenswerk. Nur noch 4 Jahre verblieben ihr. Sie starb im deutschen Provinzialhaus der Ordensgenossen-schaft in Aspel am 25. August 1967 im Alter von 74 Jahren.
01. August 1963 S. Anna Dominika ist die zweite Leiterin der Irmgardisschule
1966 Einheitlicher Schuljahresbeginn in allen Bundesländern. Zur Überbrückung der Schwierigkeiten 2 Kurzschuljahre: 19.04.1966-30.11.1966 / 01.12.1966-31.07.1966
10. Oktober 1966 Bitte des Schulträgers an das Schulkollegium um die Genehmi-gung der Angliederung eines pädagogisch-musischen Gymnasium in Aufbauform zur Erlangung einer fachgebundenen Hochschulreife für die Schülerinnen der Klasse 10 des Gymnasiums für Frauenbildung
26. Oktober 1967 Antrag genehmigt. Die Schule führt fortan die Bezeichnung:
Private Irmgardisschule in Köln - Bayenthal
Neusprachliches Mädchengymnasium
Gymnasium für Frauenbildung (bis UII)und Pädagogisches-musisches Gymnasium
in Aufbauform zur Erlangung einer fachgebundenen Hochschulreife i.E. 
(im Entstehen, bis die erste Oberprima Abitur gemacht hat)

Anzahl der Schülerinnen und Abiturientinnen seit 1967

67/68 Schülerzahl 530      Erste OII des päd.-mus. Gym.                                        [ges.]
                                             Abiturientinnen des neuspr. Gym.           33 Sch.          33
69/70 Schülerzahl 615      Erstes Abitur des päd.-mus. Gym.           12 Sch.                                             
                                             Abiturientinnen des neuspr. Gym.           28 Sch.          40
75/76 Schülerzahl 749      Abiturientinnen des päd.-mus. Gym.      41 Sch.
                                             Abiturientinnen des neuspr. Gym.           30 Sch.          71

Der Mangel an Ordensnachwuchs gefährdet das Bestehen der Irmgardisschule. Um ihren Bestand zu sichern, bittet die Leitung der Ordensgenossenschaft das Erzbistum Köln, die Trägerschaft der Schule zu übernehmen. Herr Kardinal Dr. Josef Höffner erklärt sich dazu bereit. Der Kultusminister von Nordrhein-Westfalen genehmigt den Wechsel.
01. August 1976 Offizielle Übernahme in der Weiterführung der Schule als
„Private Erzbischöfliche Irmgardisschule in Köln. 
Gymnasium für Mädchen. Schulträger: Erzbistum Köln“
Im Schulalltag ändert sich nichts. Die Leiterin, S. Anna Dominika und das Lehrerkollegium arbeiten weiter in gewohnter Weise.

Nach Aufzeichnungen von S.Maria Chusa Winckler

 

[Hierher übertragen aus dem handschriftlichen Manuskript durch Martin Hermanns]